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Montag, 17. November 2008

"Gedanken zum Tage oder warum nichts bleibt wie es war..."

Bevor jetzt jemand aus diesem hochtrabenden Titel die falschen Schlüsse zieht, es geht hier keineswegs um Lebensweisheiten, weder philosophische, noch praktische, sondern schlichtweg darum, dass das was man will, das was man bereit ist dafür zu tun und das was man letztendlich bekommt, selten wirklich nah beieinander liegen.
Hätte mich als Kind jemand gefragt, was ich mal werden will, wenn ich groß bin, dann hätte ich gesagt, Atomphysikerin, Bäuerin, Sängerin und Hebamme und am besten alles gleichzeitig, ein wundervoll multiples Berufsbild, das so vermutlich noch keine Realisation gefunden hat - zu meinem großen Bedauern - aber so ziemlich alles widerspiegelt, was mein Leben so charakterisiert.
Manche möchten es gern, und das sind die ewigen Optimisten unter uns, als breites Spektrum an Interessen und als Feld vielfältiger Kenntnisse bezeichnen, die einem viel Nutzen können, mit denen man sich interessant macht für potenzielle Arbeitgeber, bezeichnen.
Ich bezeichne es eher als unheimlich entnervend und anstrengend, wenn man sich nicht entscheiden kann, was man will. Wie auch, wo es so viele Sachen gibt, die interessant sind? Und welcher Krankenhausleiter oder Chefarzt findet es von Vorteil, dass die neue Hebamme was über die Heisenberg´sche Unschärferelation weiß, ganz zu schweigen von der Frau, die da unter Schmerzen im Kreißsaal ein Kind zu Welt bringen soll. Mal ehrlich, wer will sich denn da was über die Relativitätstheorie erzählen lassen? Ein absurdes Szenario - die kreischende Mutter, der Gynäkologe und eine Hebamme, die beruhigend über schwarze Löcher spricht. Ich halte das zumindest für fragwürdig.
Erstaunlich ist, was daraus letztendlich geworden ist - Online-Redakteurin, besser gesagt, eigentlich wissenschaftliche Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst, klingt aber eben einfach nicht ganz so spektakulär.
Also gut, Online-Redakteurin. Ich höre immer ein fast schon verzücktes "Ahhhhh", wenn ich das sage. Online-Redakteurin, großartig - sie "macht Internet" und dann nicken sich die Leute zu, sie haben erstanden. Ich frage mich nur was?
Ich werde innerhalb von Sekunden quasi zu Google, Die Zeit online und ebay in Personalunion.
Die Bandbreite der Einschätzung dieser Leute in Bezug darauf, was eine Online-Redakteurin eigentlich so macht, reicht von "Programmiererin", wovon ich ehrlich gesagt wenig bis keine Ahnung habe, bis zur "Verfasserin wissenschaftlicher Texte, sie hat ja Germanistik studiert", was mir keinen Spaß macht.
Eigentlich sitze ich aber mehr oder weniger 8 Stunden am Tag, meistens mehr, in meinem Büro und tippe Nachrichten in ein CMS.
Spannend das ganze - ja, das finde ich auch. Ungefähr so, wie ein Rührkuchen, einfach spannend.

Schon allein die Tatsache, dass ich überhaupt ein Büro habe...was habe ich mich darüber aufgeregt.
Sie regt sich darüber auf, dass sie ein Büro hat? Ok...Ja, das tut sie.
Ein Büro zu haben, heißt für mich nämlich völlig unsinnigerweise, jeden Morgen um 6.00 Uhr aufstehen, was meiner Meinung nach gegen die Genfer Konventionen verstößt, mich in einen überfüllten IC der Deutschen Bahn quetschen um dann eine Stunde Menschen ertragen zu müssen, die ebenfalls schlecht gelaunt sind, was ich irgendwo, in Anbetracht der Uhrzeit noch nachvollziehen kann, oder nicht wissen, dass Wasser und Seife schon viel helfen können. Nach dieser allmorgendlichen Tortur darf ich dann den Tag mit einem Kollegen, der so viel Elan und Ausstrahlung hat wie eine Weinbergschnecke und mich behandelt wie ein Kleinkind, einem Chef, dessen Sprechgeschwindigkeit nicht zu unterbieten ist - vermutlich, weil das hieße, dass man bereits schläft - und der der Meinung ist, ständig irgendwelche kranken pädagogische Maßnahmen an mir durchführen zu müssen und etlichen anderen biologisch abbaubaren Subjekten verbringen. Ja, ja, sie sind ja alle irgendwie nett und jeder hat seine Macken, aber manchmal weiß ich nicht ob ich lachen oder weinen soll.
Ich dachte immer, der Vorteil eines Online-Redakteurinnen-Daseins sei die Ortsungebundenheit, ich wurde da eines besseren belehrt.

Zu dem Job kam ich wie die Jungfrau zum Kind, wie man so schön sagt, nachdem das mit der Atomphysik und so weiter nicht so ganz geklappt hatte und es stattdessen ein Germanistik-Studium wurde - daher weiß ich auch, die Sache mit den wissenschaftlichen Texten - bin ich einfach irgendwie in meinem Studi-Job hängengeblieben.
Damals dachte ich, wenn ich schon mein Studium selbst finanziere und nicht von Beruf Tochter sein kann, na dann sollt es doch wenigstens Spaß machen. Und das hat es auch, fünf Jahre lang, nur die Bezahlung war eben mies, aber das lässt sich irgendwo verschmerzen, wenn dir deine Kollegen schließlich zu Freunden und fast zur Familie werden.
Dann kam die Chance - oder sagen wir besser, eine Chance, zwar, wie ich jetzt auch weiß, nicht meine, aber warum nicht? Ich ergriff sie und landete in Stuttgart. Es wurde nie mein Job, meine Kollegen oder meine Arbeit und jetzt ist es auch schon vorbei und ich suche mal wieder.

Vielleicht probiere ich es doch noch mal mit der Atomphysik...