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Donnerstag, 30. November 2017

Impertinenz: Neulich, in der Autoschlange vor dem Parkhaus...

Kurz zur Erklärung vorab: dem Kommerz sei Dank sind derzeit die Städte besonders an den Wochenenden rappelvoll und damit auch die Parkhäuser. In der Schlange stehen und auf einen Parkplatz WARTEN ist also an der Tagesordnung. Geduld wird von der Tugend zur Pflicht.
Nicht alle Autofahrer scheinen sich aber dazu verpflichtet zu sehen, der ein oder andere findet schlangestehen, merkwürdigerweise, voll ätzend und fährt frohen Mutes an den Wartenden vorbei.
Auf seine Impertinenz angesprochen erwidert er nur: "Ich hab´ ein Kind im Auto."
Über diese Aussage, und was sie möglicherweise implizieren könnte, muss ich tatsächlich ein paar Sekunden nachdenken.
Aha, er hat also ein Kind im Auto. Das ist schon übel... vielleicht...oder nicht?
Nun gut, man könnte sich erst mal fragen, warum er überhaupt ein Kind im Auto hat, und, natürlich auch, warum er das für erwähnenswert hält. In aller Regel interessiert es mich recht wenig, was andere Leute im Auto haben.
Tut er das freiwillig? Hätte er vielleicht lieber zwei Kinder im Auto? Oder vielleicht auch was ganz anderes, vielleicht einen formschöne Vase, einen Stabmixer oder eine Topfpflanze?
Hat es mit der Verhütung nicht geklappt? Doof dann.
Oder ist besagtes Kind einfach, ohne zu fragen, eingestiegen und er weiß jetzt nicht wie er es wieder loswerden soll, ohne sich strafbar zu machen? Möchte er gar, dass ich es mitnehme?
Das fände ich schon ungehörig.
Oder hat jemand das Kind da einfach ausgesetzt? Möchte er es im Parkhaus aussetzen? Bedroht ihn das Kind und er möchte mir zu verstehen geben, dass ich die Polizei rufen soll?

Ich blicke ihn fragend an: "Und ich eine 9 Millimeter, fahr deine Karre weg, das Ende der Schlange ist da hinten."

Ehrlich, irgendwo hört der Spaß echt auf.

Mittwoch, 15. November 2017

Interessante Steckenpferde, Teil 1: Dumm-Rumstehen

Was, mag man sich fragen, das gilt neuerdings als Hobby?

Ja, sage ich, leider ja, das ist ein neuer Trend und ich warte eigentlich nur auf den ersten VHS-Kurs dazu. Ich meine, es gibt Kurse zum Thema "Warum sein Rasierer ihm gehört." - ich persönlich neige an dieser Stelle zur Simplifizierung und verweise auf die naheliegendste Möglichkeit: "nun, vermutlich, weil er ihn gekauft, geklaut, sonstwie erworben hat.". Aber ich glaube auch, dass ich damit dem Thema nicht gerecht werde, ich glaube, da geht es um mehr. Und das an sich finde ich schon fragwürdig. Über sowas kann man sich ernsthaft unterhalten? Macht man da Gruppenarbeit? Malt man ein Bild? Zur Hölle, wie soll sowas ablaufen? Richtet sich sowas nicht nach Angebot und Nachfrage? Wie sieht jemand aus, der zu diesem Thema ernsthaft einen Kurs braucht? Moment, ich bin grade fassungslos, seid ihr eigentlich alle komplett irre?
Ich schwöre, wenn ich den ersten Kurs zum Thema "Warum man nicht kackt, wenn andere im Bad sind." finde, werde ich ihn besuchen, nur um zu sehen, was für Leute da hin gehen.

Also, warum nicht auch Dumm-Rumstehen? Schließlich darf in der heutigen Zeit doch sowieso Jeder einfach alles machen wie er will, wann er will, wo er will.
Nun, gut, jetzt Butter bei die Fische: es ist jedenfalls beim Betreiben dieses Steckenpferdes nicht ausreichend sich einfach still in eine Ecke zu stellen, dort gewisse Zeit zu verbleiben und so zu tun als sei dies oder man selbst einfach nur dumm. Das wäre ja zu schön. Zwar wirkt ein völlig unmotiviertes sich einfach still in eine Ecke stellen von außen betrachtet schon irgendwie extrem dumm, aber das trifft den Kern der Sache leider nicht. Ich selbst, zum Beispiel, würde es sehr begrüßen, wenn ein großer Teil der Menschheit einfach mal die Klappe hielte, still in einer Ecke stünde und niemanden störte.
Ich möchte hier auch niemandem vorschreiben wie er seine Hobbies zu gestalten hat, aber, wenn man etwa behauptete man führe Ski, dann sind die Bretter an den Füßen auch Voraussetzung. Ich kann auch nicht behaupten, ich sammle Briefmarken und pappe dann Mineralwasseretiketten in mein Sammelalbum. Und ich gehe nicht zum Kurs "Warum sein Rasierer ihm gehört." und lerne dort dann Stricken.
Also, gut, möglich ist das natürlich schon, aber ehrlich, Toleranz, falls das an dieser Stelle überhaupt der passende Begriff ist, hin oder her, wo bliebe denn da die Sinnhaftigkeit?

Der ausschlaggebende Faktor beim Dumm-Rumstehen ist das Stören.
Es ist absolut unerlässlich und von höchster Wichtigkeit, dass man stört, da wo man grade rumsteht. Weiterhin wichtig ist, dass man dabei auch keiner erkennbar sinnvollen Tätigkeit nachgeht, am besten macht man einfach gar nichts, blöd glotzen und so tun als sei man ganz allein auf der Welt vielleicht noch, aber das ist dann schon die Kür und nichts für Anfänger.
Man kann zu Beispiel damit anfangen - meine Beobachtungen zeigen, dass dies eine Methode ist, die ältere Menschen oft und gern anwenden - einfach mal abrupt stehen zu bleiben, vielleicht in belebten Fußgängerzonen oder - übrigens extrem beliebt bei jung und alt - im Supermarktein- oder -ausgang, genau in der automatischen Schiebetür, damit sicher gestellt ist, dass niemand einfach außenrum gehen kann. Wenn man dann angesprochen und gebeten wird zur Seite zu gehen, sollte man möglichst verwirrt reagieren, so als sei man wirklich überrascht, dass es andere Menschen auf diesem Planeten gibt. Das sich fürs Dumm-Rumstehen-Entschuldigen wird dabei kontrovers diskutiert.
Die absoluten Profis im Dumm-Rumstehen sind jedenfalls Muttis auf Fahhrädern mit diesen gigantischen Kinderkarren hintendran, die man gern benutzt um das lauf- und selbstfahrfaule Kroppzeug trocken und "sicher" durch die Gegend zu chauffieren.
Fritz-Malte will die Baustelle sehen, klar, da legt Mutti ne Vollbremsung hin, springt vom Rad und puhlt ihn aus seinem Wagen. Wo kämen wir hin, wenn dem Wunsch von Fritz-Malte nicht entsprochen würde? Und zwar pronto! Der braucht sonst später noch nen Therapeuten, nur weil Mutti mal konsequent und er pünktlich in der KiTa war. Wenn Kleinkinder heutzutage schon selbst entscheiden dürfen, wann sie die Windel gewechselt haben möchten, kann man ihnen unmöglich der Pünktlichkeit wegen verbieten die 380. Baustelle anzuschauen. Das gilt es zu vermeiden, denn, wie sagt man so schön: "Vorsorgen ist besser als heilen." Ich sage, da hätten die mal besser dran gedacht als sie Fritz-Malte gemacht haben.
Da dem Wunsch sofort, bei der ersten Lautäußerung diesbezüglich, entsprochen wird, versperrt jetzt die Kinderkarre natürlich den kompletten Radweg. Praktisch, so morgens um 7.30 Uhr, wenn die halbe Stadt auf dem Weg zur Arbeit ist, und, genau, weil die halbe Stadt auf dem Weg zur Arbeit ist, sie sowieso schon Verspätung hat.
Aber Fritz-Malte will doch die Baustelle sehen. Ja, soll er doch, verdammt, von mir aus den lieben langen Tag und die halbe Nacht, aber muss dazu seine offenbar grenzdebile Mutti deshalb mitsamt Fritz-Malte und der Kinderkarre auf dem Radweg Dumm-Rumstehen? Muss sie, darauf angesprochen, dass sie nicht allein auf der Welt ist, so aussehen als hätte man ihr gerade offenbart, dass die Erde in Wahrheit eine Karotte ist?

DAS, ist Perfektion, ich könnte weinen.