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Sonntag, 5. September 2010

Samstag, 7. August 2010

Krieg mit Personaler oder muss man so einen Job wirklich haben wollen?

Zuerst natürlich, die Vorgeschichte, man muss ja wissen, wie es zu dem ganzen Fiasko gekommen ist:
Im Zuge meines persönlichen Weiterentwicklungsgedankens hatte ich mich auf eine Stelle innerhalb des Konzerns beworben, bei dem ich bereits arbeite - natürlich sollte die Stelle besser bezahlt, mit mehr und schrecklich spannenden Aufgaben, wie etwa die Erstellung der Mitarbeiterzeitung, verbunden sein und, vor Allem das war mein Antrieb, es sollte eine interne Stelle sein.
Also, mal ganz grundsätzlich: nicht, dass mich die ganze Chose wirklich interessiert hätte, ich lese zum Beispiel die Mitarbeiterzeitung selbst gar nicht - ich hatte das mal versucht, aber war danach für komplette 3 Stunden weggetreten gewesen, weil so entsetzlich gelangweilt. Aber man kann es einfach schlecht vor sich selbst verargumentieren, die Chance auf eine unbefristete Stelle bei einem internationalen Konzern - das ist zumindest meine Meinung über einen Konzern, der nicht nur in Deutschland arbeitet, aber darüber kann, sollte und wird man sich im Laufe des Textes offensichtlich streiten - einfach sausen zu lassen, wenn man Zeitarbeit macht.
Vergessen wir mal, dass die Personalabteilung mich permanent in meinem Urlaub belästigt hat, bis dann endlich ein Termin für ein Vorstellungsgespräch zu Stande kam, der dann auch noch eine absolute Unglaublickeit darstellte: 7.30 Uhr morgens, am ersten Tag nach meiner Rückkehr! Aber was soll´s, was tut man nicht alles für einen Job...

Problem 1: Die (entsetzliche) Uhrzeit (zur Erinnerung, 7.30 Uhr morgens!)
Jeder, absolut jeder, der mich auch nur ein bisschen kennt, weiß, dass ich um diese, ich möchte sagen, nachtschlafende Zeit nicht nur aussehe, wie ein Zombie, sondern mich zusätzlich auch so verhalte. Meiner Meinung nach, nicht unbedingt ideale Voraussetzungen für ein Vorstellungsgespräch.
Welcher, völlig debile, Teufel hatte die Personalabteilung geritten?
Jetzt, da ich den Fachbereichsleiter und den Personaler kenne, stellt sich mir diese Frage allerdings nicht mehr.

Problem 2: Der Fachbereichsleiter
Müsste ich die Persönlichkeit dieses Menschen in ein Wort packen, dann wäre dies "Beige", einfach nur Beige - eine durch und durch beigefarbene Persönlichkeit, vielleicht noch ein bisschen grau dabei.
Beruflicher Hintergrund "Fachlehrer"...bla...der Rest ging verloren, da a) siehe Problem 1 und b) alles was danach folgte sowieso unwichtig war - Lehrer reicht völlig um alle Alarmglocken bei mir schrillen zu lassen. Lehrer - jemand, der am liebsten sich selbst reden hört, jemand, der grundsätzlich alles besser weiß, Recht hat und alles selbst am allerbesten kann und jemand, der einem grundsätzlich Dinge erklärt, die man gar nicht wissen will - und das alles auch noch in beige!
Ich würde schätzen, dass ich ungefähr 80 % von dem, was dieser Mensch mir erzählt hat, mit sofortiger Wirkung wieder vergessen habe - es lebe der Selbstschutz!
Die anderen 20 % habe ich zumindest noch als "komische Geräusche" identifiziert und danach dann vergessen.
Einerseits war es, angesichts einer Vergesslichkeitsrate von 100 %, was mich ja ein bisschen in Panik versetzte, weil ich dachte, dass mein Hirn vielleicht beschädigt sei, von irgendeiner seltsamen, beigefarbenen Strahlung, die dieser Mann möglicherweise aussendete, vielleicht doch ganz gut, dass ich so müde und beinahe unzurechnungsfähig war, sonst wäre ich vermutlich zu diesem Zeitpunkt schon schreiend wegerannt - und, man kann ja denken, was man will, aber unhöflich muss man ja nicht unbedingt sein.
Andererseits wäre es vielleicht besser gewesen in diesem Moment die Flucht zuergreifen, Höflichkeit hin oder her, denn dies hätte mir die Bekanntschaft mit...

Problem 3: Der Perso(an)aler erspart
Es schüttelt und gruselt mich noch immer, wenn ich an es denke ("es", weil ich mir nicht 100 % sicher bin, dass es von unserem Planeten kommt) - so sehr, dass mir nicht mal ein Wort einfällt, um seine (Un-)Persönlichkeit zu beschreiben. Ich bin mir fast sicher, dass seine Frau/Freundin/Partnerin (wahlweise auch die männliche Version davon, das kann ich nicht beurteilen.) jeden Morgen schreckliche Dinge mit ihm tun muss, für die man jede Menge Gleitgel nötig hat - man kriegt sonst unmöglich den Stock so tief rein, dass man sich von hinten die Mandeln damit kitzeln kann.
Und dann begann die Schlacht...(ich zitiere jetzt kurz, das ganze Gespräch wiederzugeben würde mich emotional aus dem Gleichgewicht bringen.)
  • Frau Peaches, warum finden Sie diesen Job so sexy?
Das hat es wirklich gesagt! In diesem Moment habe ich eigentlich erwartet, dass irgendwo Hape Kerkeling aus dem Schrank springt und sagt, dass wir hier bei "Verstehen Sie Spaß...?" sind. Sogar der beige Fachlehrer zog eine Augenbraue hoch und musterte den Perso(an)aler kritisch. Ich dagegen musste jetzt erst mal heftig nachdenken: jetzt gegenzufragen, ob ich mich hier eigentlich gerade in einem türkischen Puff vorstellte oder warum ich sonst einen Job bei der internen Kommunkationsabteilung in irgendeiner Weise sexy finden sollte, erschien mir nicht unbedingt als Antwort geeignet.
Ich hätte sagen sollen: "Nichts, absolut überhaupt nichts - ich finde diese Stelle unheimlich interessant und spannend, sonst hätte ich mich kaum beworben, aber Sexyness kann ich aus meiner Sicht nicht als Attribut identifizieren, das dieser Situation und der Stelle, für die ich mich beworben habe, angemessen scheint." Cool, was?
Gesagt habe ich :"Wie bitte?" Öhm, ja, also...was?" Ich finde die Stelle interessant, weil..." und dann stellen wir uns das übliche nervös-motivierte Gelaber vor, das man dann so vom Stapel lässt, wenn man sich nicht entscheiden kann, ob man einfach aufstehen und wortlos gehen soll oder einfach weiterhin versuchen soll das Ganze irgendwie erst zunehmen und sich dann für zweites entscheidet.
Und so ging es in einem Rutsch weiter...
  • Frau Peaches, was finden Sie schlecht an unserer Mitarbeiterzeitung?
Ich habe ihm wahrheitsgemäß geantwortet, dass ich nichts schlecht fände - immerhin kann ich das ja nicht beurteilen, ich lese sie, aus oben bereits genannten Gründen, nicht. Der Tag ist einfach im Eimer, wenn man das Ding mal angepackt hat.
Für den Perso(an)aler hingegen gab es schon einige Dinge, die er als verbesserungswürdig empfand, so wie etwa die Seiten mit dem Betriebsjubiläen - die fände er doch völlig altbacken und gänzlich unnötig in einem innovativen Unternehmen wie dem unsrigen.
Dies brachte ihm natürlich wieder eine hochgezogene Augenbraue vom Fachbereichsleiter ein. Ich vermute daher mal, die Jubiläen-Seite ist sein Steckenpferd.
Zusätzlich wurde er auch sofort belehrt, dass wir nicht "innovativ", sondern "fortschrittlich" seien, eine sprachliche Nuance, an der die Unternehmenskommunikation sicher wochenlang gearbeitet hatte - da kann man sich aber schon mal echauffieren, wenn dieser Tatsache keine Rechnung getragen wird.
Ich war über das Kopfschüttel-Stadium schon längst draußen und wies dann den Perso(an)aler noch darauf hin, dass sich unser Unternehmen immer als sehr traditionsbewusst präsentiere und als solches sei es für mich weder störend noch langweilig, dass die langjährige Zugehörigkeit unserer Mitarbeiter zum Unternehmen auf entsprechende Weise, auf der ganz wunderbaren Jubiläen-Seite in unserer Mitarbeiterzeitung, gewürdigt werde.
Autsch...
  • Frau Peaches, Sie mit Ihren 5 Sprachen, möchten Sie nicht lieber bei einem internationalen Unternehmen arbeiten?
Ich war eigentlich die ganze Zeit der Überzeugung gewesen, dass mein Arbeitgeber international sei: europaweit agierender französischer Mutterkonzern, deutschlandweite Verbreitung, Töchter in der Türkei, in Osteuropa und Schweden. Naja, es könnte internationaler sein, stimmt schon, aber man kann ja wohl kaum behaupten, dass das jetzt nicht international sei.
Ich konnte nicht umhin, das auch dem Perso(an)aler mitzuteilen.
  • Frau Peaches, nennen Sie uns Ihre 5 Unique selling points.
Bitte? War ich etwa doch im Puff? Ich sollte meine 5 einzigartigen Punkte verkaufen? Klar, weiß ich, was das heißt, aber ist das auch notwendig?
Der Fachbereichsleiter fand es auch unnötig und rügte den Perso(an)aler mit den Worten "Also, ich steh ja jetzt nicht so auf dieses Denglisch!"
Spätestens da musste ich kichern, es ging nicht anders. Kann man denn noch schlechter vorbereitet sein? Kann man sich noch weniger abgesprochen haben?
Der Ausdruck wurde mir also übersetzt: Alleinstellungsmerkmale oder einfach Stärken und ich gab die übliche Antwort. Wenn es um so was geht ist jeder engagiert, arbeitet problemorientiert, kann gut organisieren uns so weiter.

Das Gespräch begann sich aber schließlich doch dem Ende entgegen zuneigen - mit der üblichen genaueren Beschreibung der zu erwartenden Aufgaben - und ich, schon erleichtert, es gleich überstanden zu haben, beging, glaube ich, den größten Fehler, den man so in diesem Moment begehen kann: ich sagte dem Fachbereichsleiter, dass er ein absoluter Vollidiot sei und von Tuten und Blasen keine Ahnung habe.
Natürlich sagte ich das nicht einfach so, sondern schon schön rosa verpackt mit Schleifchen und Glitzer und so, aber im Endeffekt blieb die Botschaft doch die gleiche.
Er stelle sich seine Abteilung als "Quality gate" (soviel dann zum Thema Denglisch und für alle, die es nicht wissen: Er möchte sicherstellen, dass alle Texte, die intern veröffentlicht werden, inhaltlich eine gewisse Form haben und über deren Wichtigkeit entscheiden, um ein bestimmte Qualität der Texte sicherzustellen.) für die interne Kommunikation des Unternehmens vor.
Meine Gegenfrage war vorsichtig formuliert und ungefähr so "Öhm, darf ich fragen wie viele Mitarbeiter Ihr Team letztendlich haben soll?" Er sagte: "4."
Ich begann zu lachen (Fehler Nr. 1) und meine nächste Frage war nicht mehr ganz so vorsichtig formuliert: "Das meinen Sie erst? Sie wissen schon, dass das mit 4 Leuten nicht zu machen ist? Ich meine, ihr Konzept in allen Ehren, aber mit 4 Leuten? Personell nicht machbar. Wir haben über 15.000 Web-Seiten, allein die Umstellung auf das neue Layout, und damit meine ich nur die Umstellung und keine Qualitätssicherung, würde bei uns im Team, mit 3 Leuten, die wirklich Ahunung von der Technik haben, und einer 24/7 Arbeitszeit etwa 1, 5 Jahre dauern. Zusätzlich haben wir über 300 berechtigte Redakteure und ich denke, - das ist ein Erfahrungswert - dass die sich von Ihnen nicht sagen lassen werden, was für ihren eigenen Bereich Qualität ist oder nicht. Vergessen Sie es." (Für Alle, die es sich noch nicht gedacht haben, das war Fehler Nr. 2.)
Ich weiß nicht, ob es diese Info war oder die Tatsache, dass ich es gewagt hatte, ihm das so einfach zu sagen, die seine Gesichtzüge entgleisen ließ.

Danach war es vorbei, schlicht vorbei.
Ich bin glücklich mit meiner Absage, die am Tag darauf kam.
Ich glaube nämlich nicht, dass ich gerne in einer Abteilung arbeiten möchte, in der man dem Chef für ein mehr als schlechtes Konzept auf die Schulter klopft und sich danach zum Kollegen umdreht um dem zu sagen, dass man ab jetzt eben einfach 24 Stunden, 7 Tage die Woche arbeiten wird um diesen ganzen Schwachsinn durchzukriegen.