Ratgeber? Ich hätt´da was...

- aus einer Mail an einen Freund -

zu sagen...naja, zuerst mal vielleicht "Hallo", also, Hallo lieber Paul,

Warum ich dir schreibe:

1. du warst ewig nicht online, wo, zur Hölle, auf diesem Planeten steckst du grade?
2. Ich habe gestern, und a) sorry, dass ich es erst so spät tue und b) weil es irgendwie gerade passte, und ich dir auch gleich mehr oder weniger erklären werde warum, das Buch, das du mir geschenkt hast mit in den Park genommen und angefangen es zu lesen, oder, sagen wir es so, ich habe es ernsthaft versucht, wirklich, ich hab mir alle erdenkliche Mühe gegeben.

Jetzt, nach dieser Erfahrung, muss ich dir leider gestehen, dass ich es nicht geschafft habe - das Buch liest sich wie ein Kaktus.
Gut, ich muss zugeben, ich habe gerade erst ein Buch über Evolutionstheorie gelesen. Eigentlich ist es ein Jugendbuch, eine Freundin hat es mir geschenkt, und es ist ein ganz wunderbares Buch, weil es das, wofür Precht ein ganzes Buch zu brauchen scheint, in viel weniger Seiten, einfacher und mit bunten Bilder auf den Punkt bringt.
In diesem Licht betrachtet hatte Precht natürlich nicht wirklich eine faire Chance, ich gebe es zu.

Sei bitte nicht böse, du hast es lieb gemeint und möglicherweise findest du es gar nicht nett, dass ich das Buch nicht mag und dir das auch noch sage, aber ich kann nichts, rein gar nichts damit anfangen.

Es ist vielmehr wie mit allen diesen seltsamen, ich nenne es mal, "Ratgebern" - ich weiß, ich weiß, vermutlich ist das Buch gar kein Ratgeber - das würdest du jetzt zumindest vehement behaupten - aber in Ermangelung eines besseren Ausdrucks sei eben dieser hier verwendet, ich meine jedenfalls diese seltsamen "Lebenshilfebücher": es stehen nur Sachen drin, die einem eigentlich, wenn man mal richtig drüber nachdächte, schon längst klar sein müssten.
Und wie immer stellt sich mir dann die Frage: Warum sollte ich Geld für ein Buch ausgeben, in dem nur Sachen stehen, die ich schon weiß, und das nicht mal angenehm zu lesen ist? Gut in diesem Fall, hast du das Geld ausgegeben, aber das macht die Sache ja nicht besser.
Das Problem ist und bleibt immer, dass es in diesen Büchern nur um das "Was" geht. Das "Was" ist ja aber selten das eigentliche Problem, denn meistens ist es sonnenklar, was nicht stimmt - sonst würde man sich ja kaum einen Ratgeber zu einem bestimmten Thema kaufen -  sondern das "Wie".

Das ist wie, wenn ich mir einen Ratgeber zum Thema "Holztische selber zimmern" kaufe und da steht dann nur drin, dass man Holztische selbst zimmern kann, aber es sind keine Anleitungen dazu vorhanden.

Möglicherweise gehörst du zu den Menschen, denen das Lesen von Dingen, die sie eigentlich schon wissen, dabei hilft Gedanken zu ordnen oder neue Ansätze zu finden.
Ich muss für mich leider immer wieder feststellen, dass ich nicht zu der Sorte Mensch gehöre, mich nervt sowas dann eher.
Ich habe dabei immer das Gefühl, dass die Autoren mich verarschen wollen, weil sie dauernd Sachen sagen, die man schon weiß und ich mich dann fragen muss, ob die eigentlich denken, dass die Leute so behämmert sind, dass man ihnen ständig alles vorkauen muss.

Seltsam, was?