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Mittwoch, 23. Juli 2008

Von biologisch abbaubaren Kollegen mit Nachhaltigkeitsgarantie oder warum Turnschuhe unbedingt teuer sein müssen

Neulich in der Küche...

Warum Turnschuhe teuer sein müssen? Das ist doch völlig logisch, aus Gründen der Nachhaltigkeit!

Frag mich Einer, wie wir drauf gekommen sind - keine Ahnung, wie es eben so geht. Man spricht über Birnbäume und ratz-fatz streitet man sich plötzlich über den Sinn und Zweck von Umleitungsschildern auf deutschen Autobahnen.
Wie dem auch sei, ich weiß jetzt jedenfalls seit kurzem, dass ich weder zu nachhaltigem noch biologisch abbaubarem Denken in der Lage bin, sondern vermutlich eher sowas wie ein Schmarotzer, mit schuld daran, dass der Einzelhandel kläglich zu Grunde geht.
Ich schäme mich, jawohl, ich schäme mich zutiefst, denn ich habe mir beim Turnschuhkauf zuerst im Laden vom netten Sportschuhverkäufer die Füße vermessen lassen, dann einen Schuh anprobiert, diesen für äußerst gut und passend befunden und habe dann, nachdem ich den Preis gesehen hatte und fast einem Herzanfall erlegen war, fluchtartig den Laden verlassen - nur um den gleichen Schuh, ungefähr 70% billiger, online zu kaufen. Damals habe ich mich zu diesem Geniestreich beglückwünscht.
Weniger beglückwünscht hat mich dagegen Kollegin U. neulich in der Küche, die mir, in einem vermutlich aus Öko-Hanf hergestellten Shirt, eine, selbstredend, biologisch angebaute Banane kauend, eine harsche Rüge erteilte, die ich seelisch, mental und psychisch fast nicht verkraften konnte.

Meine kläglichen Versuche mein wenig soziales Verhalten damit zu rechtfertigen, dass ich zu dieser Zeit nur ungefähr 700 Euro im Monat verdiente und dieses Geld viel lieber in Miete (nur nicht wieder heim zu Mama) , Essen (selbstverständlich, mehr oder weniger, biologisch angebaut, gern aus Mamas Garten) und Kleidung (egal ob bio oder nicht) zu investieren, wurden einfach mit der biologisch angebauten Banane beiseite gewischt.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre diese Frau mal mit meinem ehemaligen Geographielehrer zusammen zu bringen, dessen jedes zweite Wort "sustainable Development" war. Die beiden hätte sich sicher blendend verstanden - und auch vom Aussehen her, wäre das eine nicht uniteressante Paarung gewesen. Oh Gott, ich habe das Wort "Paarung" benutzt...
Eine Chance zur Verteidigung ließ man mir jedenfalls nicht, denn es klinkte sich auch noch Kollege W. in das Gespräch ein und bereicherte es mit einer großväterlich vorgetragenen Geschichte über Vollmilchschokolade mit Mandelsplittern und Zimt, die er, selbstverständlich aus Gründen der Nachhaltigkeit, im Laden um die Ecke kauft, wo das gute Stück dann 50 Cent mehr kostet als anderswo. Ob der Kakao in der Schokolade allerdings auch biologisch angebaut und abbaubar war, hat er nicht erwähnt.

Der einzige Gedanke, der sich mir dabei mit sofortiger Wirkung aufgedrängt hat war, "Nachhaltigkeit? Ich halte das für persönliche Faulheit!" und gleich danach kam der Gedanke "Wenn ich dein Gehalt hätte, würde ich auch so einkaufen gehen." und gleich danach kamen noch ganz viele andere und nicht so sehr freundliche Gedanken, denen ich natürlich keineswegs Ausdruck verliehen habe, Gott bewahre, nein! Es ist schlecht fürs Betriebsklima, wenn man Kollegen sagt, was man von ihnen hält.
Es ist mir, ehrlich gesagt, völlig piep-egal, ob man Kollegin U. die Zufahrt zum Supermarkt - aufgemerkt, SUPERMARKT, ich hoffe, der ist wenigstens Bio - verbaut hat, weil man nicht nachhaltig oder langfristig oder überhaupt irgendwie gedacht hat. Das ist nicht mein Problem.
Und wo Kollege W. seine dämliche Schokolade kauft interessiert mich auch nicht, nicht im geringsten - von mir aus kann er 50 Euro für eine Tafel bezahlen, wenn das sein Bedürfnis Robin Hood für Tante Emmas zu spielen befriedigt.

Das sind Leute, die meinen Andere mit dem biologisch abbaubaren Stein der Weisen beglücken zu müssen, Leute, die ernsthaft glauben, sie stünden außerhalb dieses ganzen Zirkus´ und hätten genug Überblick um andere auf den rechten Weg zu führen.

Dass ich nicht lache, hohl giggere und gluckse...und, wo wir grade schon dabei sind, "Es lebe die Kurzfristigkeit" - jawohl! Und jetzt ein Stück Schokolade...

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